Tsum Valley
das vergessene Tal an der Grenze zu Tibet

 Eine Tour in das ursprüngliche, tibetisch geprägte Nepal
im Schatten des Ganesh und Sringi Himal

 

 

 

Flussbett des Budhi Ghandaki Tal des Budhi Khandaki mit Ganesh Himal Bauer im Tsum Valley
Ackerlandschaft oberhalb Lamagaon, Tsum Willkommen in Lamagaon - Blick auf Ganesh Himal Stupa auf dem Weg nach Nile und Chhule, Tsum Valley
Yak unterhalb Mu Gompa, Tsum Valley Camping in Chhekpa (4.240 m) Chörten mit Thaple Himal und Songjo Gletscher

Reisebericht 14.10. - 31.10.2012

Vorwort

Erst im Jahre 2008 wurde dieses Tal für den Tourismus freigegeben. Zu dieser Zeit war nur recht aufwändiges Camping-Trekking möglich. Inzwischen kann auf dem Anmarschweg von Arughat (Umrundung des Manaslu) in Lodges übernachtet werden. Im Tsum Valley bieten einzelne Gasthäuser, Klöster und Einheimische (Homestay) bereits einfache Quartiere bis hinauf nach Mu Gompa an..

 

Es wurde Zeit, endlich dieses Gebiet zu erkunden. Mit dabei sind Eva und Dieter, die zum 4. Male mit uns in Nepal auf Tour gehen.

 

 

© Klaus Töpfer

HIMATREK

Gelsenkirchen, Dezember 2012
 

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1. Tag - 14.10.2012

 

Vorgestern trafen Eva und Dieter mit Verspätung erst am Nachmittag in Kathmandu ein. Gestern, war Samstag, der Tag an dem alle Behörden in Nepal geschlossen haben. Somit können die speziellen Permits für das Tsum Valley erst heute beantragt werden. Das NTB verlangt die Vorlage der originalen Reisepässe.

 

Ram, mit dem wir alle schon unterwegs waren, wird uns als Guide begleiten. Palsang und Sanje sind als Träger dabei. Da die Fahrt mit dem Jeep nach Arughat rund 7 Stunden dauert, starten wir frühzeitig. Sanje wird mit den Permits nachreisen und uns morgen im Laufe des Tages einholen.

 

Auf dem Pass am Ausgang des Kathmandutal, stecken wir im Megastau. Im Schneckentempo geht es meterweise hinunter zum Trisuli River. Der Zeiger der Uhr hat die „eins“ überschritten, als wir an der möglichen Ursache, einem liegengebliebene LKW, vorbei sind. Eine kurze Pause für den Fahrer, Ram und Palsang ist unaufschiebbar: Dhaal Bhaat muss zur Stärkung her! Wir begenügen uns mit ein paar Bananen, Masala Kartoffelchips. Nun geht es flott voran. Endlich ist die Abzweigung nach Arughat erreicht. Auf der engen und kurvenreichen Strecke lässt uns der Fahrer eines LKW trotz „Horn Please“ nicht vorbei. Ständige hinter der schwarzen, übel stinkenden Abgaswolke her zu gondeln, ist nicht das Wahre. Gerade als ich unseren Fahren bitten möchte eine Pause einzulegen, um Abstand zu gewinnen, kann er vorbeiziehen.

 

In Dhading Beshi endet die asphaltierte Strecke. Eine holprige Schotterpiste führt hinauf in die Berge und wieder hinunter ins Tal. Die Sonne verschwindet am Horizont. Nachdem das Flussbett des Ankhu Khola durchquert ist, bricht die Dunkelheit herein. Peng, vollkommene Finsternis! Beide Scheinwerfer des Toyotas geben ihren Geist auf. Alle Bemühungen des Fahrers die Ursache zu finden, bleiben erfolglos. Nun helfen nur noch unsere Stirnlampen, um die letzte halbe Stunde des Weges bis nach Arughat auszuleuchten. Aufgrund der erheblichen Verspätung, sind die reservierten Zimmer im Manaslu View Resort anderweitig vergeben. Ein paar Gehminuten weiter, finden wir Unterkunft im Sathar Inn.

 

2. Tag - 15.10.2012

 

Lokale Busse zwischen Arughat und Arkhet Bazar verkehren nur zwei mal am Tage. Fahrten mit Jeeps sind momentan eingestellt. Die vor zwei Jahren fertig gestellte Piste von Arkhet nach Soti Khola ist durch unzählige Erdrutsche, verursacht durch den Monsun und unzulänglicher Befestigung, nicht befahrbar. So machen wir uns zu Fuß auf die Socken und erreichen zur Mittagzeit Arkhet, kehren im dortigen View Hotel ein, wo ich im Frühjahr nach wetterbedingten Abbruch der Umrundung des Manaslu auf dem Rückweg übernachtete. Gestärkt durch eine aus frischen Tomaten nach meinem Geschmack würzig zubereiteten Tomatensuppe, setzten wir die Wanderung entlang Reisfeldern und Bananenplantagen fort. Am Horizont grüßen die Gipfel des Ganesh Himal.

 

In Thami, welches zur Region Soti Khola gehört, finden wir eine gute, gemütliche Unterkunft. Weiter aufwärts ist die Qualität der Lodges nicht empfehlenswert. Wir warten auf Sanje, der mit unseren Permits kurz darauf eintrifft. Als gelernter Koch sorgt er gemeinsam mit dem Inhaber diese Hauses für unser leibliches Wohl.

 

Etwas oberhalb stehen zwei gut in Planen eingepackte Jeeps. Nichts geht mehr auf dieser Strecke. Ob diese jemals wieder befahrbar sein wird?

3. Tag - 16.10.2012

 

Auf gleichem Weg, wie im Frühjahr 2011, geht es beständig weiter (siehe Reisebericht: 2011 - Halb um den Manaslu). Mulikarawanen balancieren über etliche Erdrutsche hinweg. Tief unten am recht steilen Abhang tost der Budhi Ghandaki. Ein schmaler, stufiger in die senkrecht abstürzende Felswand gehauener Steig führt aufwärts nach Lapubesi (880 m) zur wohlverdienten Mittagsrast.

 

Nach Überquerung eine der längsten Hängebücken in Nepal geht es hinunter in das breite Flusstal. Nicht nur Mulis sind unterwegs. Da begegnen wir Händlern mit lebenden Hühnern und einer Frau mit Ziegenbock. Letztendlich ist das Hotel Tsum Valley (CHUMVALLY) in Machhakhola. (830 m) erreicht.

 

4. Tag - 17.10.2012

 

Es wird ein recht langer Tag. Zuerst laden die heißen Quellen in Tatopani (990 m) zum Bade ein. Wir wechseln auf das andere Ufer. Imposante Wasserfälle stürzen die steil Felswand hinunter. Die recht enge Schlucht weitet sich in Dovan (1.070 m). Zur Mittagzeit ist Hochbetrieb. Zwei größere Gruppen, obwohl auf Campingtour, werden in der zur kleinen Lodge gehörenden Küche von deren Küchenteam verpflegt. Es dauert zwangsläufig einige Zeit, bis Sanje mit Rams Hilfe den bestellten Kartoffelpüree mit Zwiebeln, Knoblauch und Spiegelei zubereiten und servieren können.

 

 

Die folgende Etappe führt über einen Anstieg nach Yuru Khola (1.330 m). Nun verstehen wir den Sinn der vielen Hirsefelder. Kein Futter für Wellensittiche, Kanarienvögel und … ! Daraus wird der lokale Wein (Schnaps) unter Zugabe von geschrotetem Mais im Schnellverfahren gebraut und anschließend destilliert.

 

Es ist schon dunkel, als wir gegen 18 Uhr Jagat (1.340 m) nach ständigem bergauf und -ab erreichen. Die erste Lodge am Platze ist ausgebucht, Eine Camping-Gruppe hat halt all die verfügbaren Zimmer in Beschlag genommen. Kein Problem, Sanje und ich erinnern uns an das Quartier im Frühjahr 2011. Die Unterkunft im Hof ist fertig. Dort treffen wir 4 Leute aus Chechenien, die mit ihrem Guide die Tour bis Mu Gompa als Lodge-/Homestay-Trekking angehen.

 

5. Tag - 18.10.2012

 

Weiterhin bleibt das klare und sonnige Wetter erhalten. Der vergletscherte Grenzkamm zu Tibet gleißt im morgendlichem Licht. Heute ist abermals viel Betrieb auf dieser Etappe. Mehrere Gruppen unterschiedlichster Nationalitäten wandern in Richtung des Larke La, der Umrundung des Manaslu. Größere Einheiten gehen diese Tour als Camping-Trek an, so dass entsprechend viele Träger und Küchenteams unterwegs sind. Pünktlich zur geplanten Mittagpause treffen wir in Philim (1.590 m) ein.

 

Der Höhenweg führt entlang des tiefen Canyon, durch welchen der Budhi Khandaki rauscht, zur Gabelung. Tief unten führt die Brücke über den Fluss zum Manaslu. Ein großen Schild „Willkommen im Tsum Valley“ weist rechts hinauf. Lokpa ist schneller erreicht als erwartet. Der Platz befindet sich in etwa 1.950 m Höhe und nicht wie in der Karte angegeben auf 2.240 m. Die dortige Pferdestation mit lokalem Lager für Material und Proviant ist um ein paar Zimmer und einen Gastraum zur einfachen Lodge erweitert worden. Karma und ein 8-köpfiges Team für Gepäck, Zelte und Küche sind bereits zugegen, nachdem diese unsere Gäste Sabrina und Florian von Gorka über den Rupina La (4.700 m) nach Nyak begleiteten. Sabrina und Florian setzten von dort die Umrundung des Manaslu als Lodge-Trekking fort.

 

Wir bevorzugen die Übernachtung auf dem Campingplatz, dessen Terrassen malerisch von blühenden Tagetes umsäumt sind. Im Gasthaus richt es penetrant nach Kerosin und die Treppe zu den Zimmern sieht nicht gerade sicher aus. Schnell sind die Zelte aufgebaut. Sanje, der das zusätzlich erforderliche Zelt und etwas Verpflegung aus Kathmandu mitbrachte, verabschiedet sich und macht sich auf den Rückweg. Er wird auf einer Climbing-Tour zum Chulu Far West als Koch benötigt. Karma wird nun mit seinen Küchenjungens für unser leibliches Wohl sorgen.

 

6. Tag - 19.10.2012

 

Durch schattigen Mischwald verläuft der Weg zunächst am Syar Khola entlang. In Serpentinen geht es dann steil hinauf und schließlich wieder bergab zum Fluss. Nach überqueren einer schwankenden Hängebrücke verlassen wir den angenehm kühlen Schatten und steigen auf der Sonnenseite nach Chumling (2.350 m) hoch. Im dortigen Gasthaus, ebenfalls eine erweiterte Pferdestation, erwartet uns die georderte deftige Gemüse-Nudel-Suppe.

 

Oberhalb des Flusslaufs wechseln am steilen Hang angebaute Terrassenfelder mit dichten Mischwald. Am gegenüber liegenden Ufer erstreckt sich ein scheinbar undurchdringlicher Nadelwald. Am Nachmittag erreichen wir den Zeltplatz in Rainjam (2.450 m), direkt zwischen dem einzigen Gehöft und dem Unterstand für die Kühe, die hier über Nacht angebunden werden.

 

7. Tag - 20.10.2012

 

Als wir gegen 7:30 Uhr aufbrechen, ist die Bauernfamilie mit Kind und Kegel sowie 2 Ochsen auf dem Acker beim Tagewerk. Ein recht schmaler Streifen, der nicht mit dem Pflug umgegraben werden kann, wird mit der Hacke bearbeitet. Im Zickzack folgen wir dem recht gut ausgebauten Weg aufwärts. In allen benannten Plätzen und Siedlungen weisen Holzschilder auf Name und der weiteren Strecke. Das Gelände wird karger. Die Sonne hat den Kamm des Ganesh Himal überschritten und bringt uns gehörig ins Schwitzen. Nach 3 Stunden ist der Pass kurz vor Chhokung Paro (3.030 m) erklommen. Weit reicht der Blick nach Westen, wo die schroffen vereisten Wände des Gorka Himals in den Himmel ragen. Im Süden erheben sich zum Greifen nahe die vergletscherten Gipfel des Ganesh Himal, dessen Höhenkamm sich bis zur Grenze nach Tibet fortsetzt.

 

 

In Chhokung befinden sich zwei bescheidene Gasthäuser und der Checkposten. Insgesamt haben wir von Chumling bis hierher etwa 5 Stunden benötigt. Wer im Kartenwerk und weiteren Quellen eine Gehzeit von 7 bis 8 Stunden erfunden hat, wird wohl ein nicht lösbares Rätsel bleiben. Abgesehen von einer größeren Touristengruppe treffen wir auf ein paar Individual-Trekker, die wie die Tschechen diese Tour als Gasthaus-/Homstay-Trek bis nach Mu Gompa unternehmen.

Am rauschendem Bach hinter dem Dorf ist die Küche eingerichtet. Die gute Nudelsuppe brodelt bereits auf dem Kerosinkocher. Nebenan sind 4 Mädchen mit Wäschewaschen und Teppichreinigen beschäftigt. Freundlich werden wir von diesen, wie auch bislang von allen anderen Einheimischen, willkommen geheißen. Gerne dürfen wir bei ihrer Arbeit zuschauen doch fotografieren lassen möchten sie sich nicht. Erst als ich ein paar Bilder meiner Familie zeige und ich deren effiziente Waschtechnik daheim zeigen möchte, werden mir ein paar Schnappschüsse erlaubt. Übrigens, das Waschmittel ist wie viele andere Dinge des Lebens aus China importiert. Der Weg über die Grenze nach Tibet ist relativ kurz und die Preise von den Chinesen subventioniert.

 

Aufgeschlossen, fröhlich und unheimlich neugierig sind die Kinder, denen wir auf den weiteren Weg nach Lamagaon (3.300 m) begegnen. Das bislang enge Tal hat sich geweitet. Weit erstrecken sich die fruchtbaren Felder. Kartoffeln, Gerste und Weizen sind geerntet und die Äcker für das nächste Frühjahr vorbereitet. Der Winter steht in Bälde vor der Tür.

 

Eine Hängebrücke über den Syar Khola weist den Weg zum Kloster Rachen Gompa. Gleich einer Festung ist die Anlage mit neu erbautem Tempel und niedrigen Häusern, welche die Zimmer der Mönche beherbergen, umsäumt. Der Haupteingang befindet sich im historische Teil, dem Nonnenkloster. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit innerhalb des Klosters in spartanisch eingerichteten Zimmern zu übernachten. Da es jedoch nicht gestattet ist, in diesem Terrain zu campieren und wir mit unserem Team zusammen bleiben wollen, werden die Zelte auf dem naheliegendem Campingplatz aufgeschlagen.

 

Die Sonne verschwindet recht zeitig hinter den Bergen. Sofort sinkt die gefühlte Temperatur von 25 °C auf den Nullpunkt. Wir sind froh als die Zelte aufgebaut sind und etwas Schutz vor dem heftigen kalten Wind, der das Tal hinauf weht, bieten. Das Küchenteam versorgt uns wie an den Abenden zuvor reichlich mit Suppe, Hauptgericht und Nachspeisen. Dazu genügend heiße Getränke. Heute darf erstmals die Wärmeflasche nicht fehlen, bevor wir in die Schlafsäcke kriechen.

 

8. Tag - 21.10.2012

 

Am Sonntag sollst du ruhn, das werden wir auch tun! Ausschlafen, erst um 8 Uhr ein reichhaltiges Frühstück mit Toast, Omelett und meinen geliebten Cappuccino, gebraut aus Kaffe, Kakao und heißer Milch. Eine dünne Eisschicht hat sich auf der Außenhaut der Zelte gebildet. Die sehnlich erwarteten wärmenden Strahlen der Sonne lassen auf sich warten. Wir befinden uns auf der falschen Talseite. Die Höhlen des Milarepa, der hier in den umliegenden Bergen meditiert hat, liegen hingegen schon im sonnigem Licht. Bevor wir uns dorthin aufmachen, heißt es erst einmal Wäschewaschen und eine provisorische Dusche im geräumigen Gemeinschaftszelt zu nehmen.

 

Zurück nach Lamagaon, eines der typischen komplett im traditionellen Stil gehalten Dörfer. Durch ein Tor betritt man den Innenhof, wo sich die Stallungen für das Vieh unter dem Haupthaus befinden. Die steinernen Wände zieren „tibetische Pizza“, angeklatschter und platt gedrückter Yak- und Kuhdunk; das ideale Brennmaterial zum Heizen und Kochen. Zum Wohnraum führt eine steile Treppe oder ein dicker Stamm mit großen Kerben als Tritthilfe in das Obergeschoss. Das flache mit Schieferplatten gedeckte Dach dient zum trocknen von Getreide. Bei der Bauernfamilie, die bescheidene Homestay-Unterkunft anbietet, sind wir gern gesehene Gäste und zum Tee eingeladen. Im geräumigen Wohnraum lebt die ganze Familie zusammen. Herzstück ist der Ofen, der ständig befeuert wird und auf dem heißes Wasser für den Teeaufguss dampft. Die offenen Wandschränke beherbergen all die nötigen Utensilien von der Tasse bis zum gossen Kessel. Ein kleiner Fernseher steht ebenfalls am rechten Platz.

 

Ein neues Gasthaus befindet sich noch im Rohbau und wird zur kommenden Saison im Frühjahr fertig sein. Am Dorfende zweigt ein Pfad zum Flaggenplatz ab. In den Farben blau, weiß, rot, grün und gelb aufgeteilte Fahnen flattern an 108 langen Masten im Wind. Nun steigt man zur Höhle hinauf, in welcher Milarepa, der Überbringer des Buddhismus nach Tibet meditiert haben soll. Ein Beweis sind seine dort vorzufindenden Fußabdrücke. Hier oben öffnet sich ein weiter Blick in das Tsum Tal und hinüber zu den Gletschern des Ganesh Himal.

 

 

9. Tag - 22.10.2012

 

Welch ein phantastisches Wetter. Kein einziges Wölkchen zeigt sicht am dunkelblauen Firmament. Ein bequemer, fast ebenen Weg führt in etwa 2 Stunden nach Chhule (3.380 m). Chörten und Manimauern kennzeichnen weiterhin Ein- und Ausgang aller bewohnter Plätze, sei es ein Dorf oder nur 2 einsame Hütten. Jede Ortschaft ziert eine kleine Gompa und ein größerer Durchschreitungschörten, manchmal mit alten religiösen Malereien an der Decke. Auf den Weiden grasen Yaks und Jokpas. Eine Herde Gibbon-Affen bereichert die Szene. Eine runde Stupa mit einer 13-scheibigen Spitze steht zu Beginn der Felder von Nile und Chhule. Zwischen diesen Orten schwenkt der Lauf des Syar Khola direkt nach Norden.

 

An seiner Uferböschung warten Karma und die Küchenboys mit Speis und Trank zur Mittagspause. Der von Süden heranströmende Wind hat an Heftigkeit zugenommen. Das wieder recht enge Tal wirkt wie ein Kamin. Im tibetischen Hochland aufsteigende durch die Sonne erwärmte Luftmassen, ziehen unweigerlich die von den umliegend Gletschern abgekühlte Luft nach Norden. Mit Rückenwind folgen wird dem Flussverlauf. Uns aus Tibet entgegen kommende Yak- und Pferde-Karawanen sind mit Bauholz, Reis, Nudeln und Salz zur Versorgung der einheimischen Bevölkerung schwer beladen.

 

Letztendlich sind steile 250 Höhenmeter bis zum auf einen Sattel thronenden Kloster Mu Gompa (3.700 m) zu bewältigen. Ein Mönch heißt uns im größten Kloster dieser Region willkommen und öffnet die Pforte zum großen Gebetsraum.

 

Die Sonne hat gegen 15 Uhr ade gesagt. Der Wind wird eisig. Schnell ein paar Meter hinunter in den Windschatten, dort wo unsere Zelte auf etwas schräg abfallenden Gelände stehen. Eine lausig kalte Nacht steht uns bevor. Man hätte auch im Kloster übernachten können.

 

10. Tag - 23.10.2012

 

Schlafen am Hang ist nicht das Gelbe vom Ei. Ständig rutscht man nach unten. Doch als die ersten Sonnenstrahlen über den Kamm blinzeln, sind die Unbequemlichkeiten dieser Nacht vergessen. Durch das nun schluchtartige Tal verläuft der sehr gut ausgebaute Weg am fast senkrecht abfallendem Hang entlang. Jedoch haben einige Erdrutsche diesen mit sich in die Tiefe gerissen. Derartig rutschige Passagen erfordern Vorsicht, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Nach einem etwas steilen Anstieg sind die jetzt mensch- und tierleeren Sommerweiden von Kalung (3.850 m) erreicht. Eine gewaltige Manimauer und Chörten mit einer Anzahl im Wind flatternden Gebetsfahnen kennzeichnen diesen Platz. Die Anstrengungen dieser Etappe werden durch den wunderbaren Rundblick belohnt. Nach Süden eröffnet sich die weite Sicht ins Tsum Valley, welches von den 7.000er des Ganesh Himal beherrscht wird. In alle anderen Richtungen das tibetische wüstenhafte Hochland. Die beiden Pässe Thaple- und Nueladajyen Bhanjyang, jeweils etwa 5.100 m hoch sind nicht mehr fern. Üblicherweise kehren die meisten Besucher als Tagesausflügler nach Mu Gompa zurück. Doch wir haben ein etwas höheres Ziel vor Augen.

 

Unser Pfad zweigt nach Westen ab, der sich über schier nie endende Sommerweiden und durch einige Bachläufe schlängelt, die sämtlich in den Changmam Khola, müden. Ein gewaltiges Gletscherpanorama zeigt sich im Süden zum nur knapp über 6.000 m aufragenden Chamari Himal. In Chhekpa (4.240 m) eingetroffen, erhaschen wir gerade noch die letzten Sonnenstrahlen. Um 5 Uhr hat eine Eisschicht die Zelte überzogen. Hinzu kommt der lausige eiskalte Wind, um schleunigst ins Zelt und den molligen Schlafsack zu kriechen. Gerade habe ich die Wohlfühltemperatur erreicht, als zum Abendessen gerufen wird. Sorry, nein danke! Es ist das erste mal, dass ich im Zelt bleibe, mir nur eine Wärmeflasche und die aufgefüllte Trinkflasche mit heißem Wasser geben lasse. Eva und Dieter haben sich zum Abendessen hinaus getraut. Ich habe mich mit den Resten der mitgebrachten Naschereien versorgt. Wer hier oben übernachten möchte, sollte Frostschutzmittel im Blut haben.

 

11. Tag - 24.10.2012

 

Meine wohl frostigste Nacht habe ich überlebt. Die ersten, den Talgrund erreichende Sonnenstrahlen bringen etwas Wärme. Mir wird verständlich, das sich in diese Gegend kaum noch jemand verläuft. Die Täler sind eng und tief in welche die durch die nahen umliegende Gletscher die eisgekühlten Luftmassen sinken.

Wollen wir hier noch einmal übernachten/erfrieren? Wenn wir die Grenze zu Tibet am Thaple Bhanjyang erreichen möchten, müssen wir diese zweite Nacht in Kauf nehmen. Eine heiße Diskussion entbrennt. Wie sich im Laufe des Tages herausstellt, wurde die richtige Entscheidung getroffen. Wir begnügen uns mit einen Ausflug zum Ende des Tals auf etwa 4.500 m mit Blick auf das Thaple Himal und dem Songjo Gletscher. Hier beginnt der steile Aufstieg zum Pass, den Ram kurz in Augenschein nimmt.

 

Wir treten den Rückmarsch an. Die Sonne wird diesig, wie in den Alpen beim Zusammenbruch des Föhns. Wolkendunst zieht vom Süden her auf. In Kalung eingetroffen fallen die ersten Flocken, die später in ein heftiges Schneetreiben ausarten. Glücklich erreichen wir Mu Gompa und finden in einem der zum Kloster gehörenden Zimmer Unterschlupf. Ram, Kama und all die anderen Helfer haben den Gemeinschaftsraum bezogen, in welchem auch unsere Küche eingerichtet ist. Die abendliche Puja findet im kleinen Gebetsraum statt. Gerne nehmen wir teil. Danke für die unversehrte Rückkehr bei dieser Wettersituation.

12. Tag - 25.10.2012

 

Welch eine Wohltat. Das Bett ist zwar zu kurz aber im Zimmer bleibt es auch in der Nacht relativ warm. Gegen 7 Uhr erschallt der Gong, Weckruf für die Mönche. Eine Stunde später das Muschelhorn. Der letzte Aufruf zum morgendlichen Gebet.

 

Die Sonne strahlt wieder vom Firmament. Der Schnee schmilzt dahin. Vergessen ist das gestrige Unwetter. Gemächlich beginnen wir den Abstieg nach Nile. Abermals kommen uns einige Karawanen auf den Weg nach Tibet entgegen. Insgesamt werden 5 Tage für eine Einkauftour benötigt, 2 hinauf, 1 Tag einkaufen und 2 zurück. Das recht ertragreiche Geschäft scheint zu flotieren. Karawanen-Führer besitzen eine spezielle Einreisegenehmigung und können jederzeit die Grenze zum nächsten Handelsort in Tibet überschreiten. China plant sogar den Bau einer Straße, um den Warenverkehr zu vereinfachen. Einer chinesischen Delegation begegneten wir vor 3 Tagen.

In Nile ist geplant, im dortigen Gasthaus zu übernachten. Doch die Hochzeitsfeier der Familie macht uns einen Strich durch die Rechnung. Die Unterkunft ist geschlossen, niemand anwesend. So nächtigen wir auf dem Campingplatz in Chhule, der von einer allein lebenden Nonne verwaltet wird.

Während ich einen „faulen“ Nachmittag einlege, unternehmen Eva und Dieter einen Rundgang bis hinauf zur Gompa. Der sehenswerteste Raum beherbergt 1.000 Buddha-Figuren.

 

13. Tag - 26.10.2012

 

Raus aus den warmen Schlafsack. Hinein in einen eiskalten Morgen. In den nächsten Stunden wird sich in diesem tiefen Tal kein Sonnenstrahl blicken lassen. Aus meiner Sicht ist das Tsum Valley eines der kältesten Gebiete der Welt. Auf bekanntem Weg begeben wir uns hinunter. Erst in Rachen Gompa erreichen uns die ersten Strahlen der Sonne. Weiter geht es nach Chhokung Paro. Dort werden sich unsere Wege trennen. Eva und Dieter möchten noch das BC zum Ganesh I besuchen, welches mindestens 2 weitere Nächte im Zelt erfordert. Ich bin des Campen satt, zumal auch die vorherige Tour durch das Lower Dolpo Übernachtungen im Zelt erforderte. Obwohl wir dort mehrmals in Höhen von über 4.000 m schlafen mussten, war es in dieser Region bei weiten nicht so kalt, wie im „Kühlschrank“ des Tsum Valley.

 

Mit Pasang, Student an der Uni in Kathmandu, steuere ich Chumling an. Ein recht langer Weg. Erst gegen 17 Uhr erreichen wir das dortige Gasthaus. Nur ein Paar aus Canada hat dort ebenfalls Quartier bezogen. Nach einem überraschend guten Abendessen (Nudeln mit Gemüse) falle ich todmüde ins Bett.

 

14. Tag - 27.10.2012

 

Auch heute wird es unverhofft ein anstrengender  Wandertag. Über Lokpa bis nach Philim zieht sich der Weg dahin. Zudem zwingt eine Karawane mit etwa 100 Mulis zu einer halbstündigen Zwangspause beim Abstieg nach Lokpa. Die Teilnehmer einer Expedition zum Ganesh I, die erstmals den Gipfel von der Rückseite bezwingen möchten, kommen uns entgegen. Sehr wahrscheinlich werden Eva und Dieter die Bergsteiger treffen. In Philim ist am Nachmittag Endstation. Ein gutes Gorka Bier auf der Bank vor der Lodge und anschließend ein Dhaal Bhaat auf nepalische Art, Zeit ins Bett zu kriechen.

 

15. Tag - 28.10.2012

 

Der geordnete Rückzug nimmt seinen weiteren Verlauf. Die ursprünglich geplante Etappe bis Jagat ist kurz. Dovan sollte heute ein realistisch zu erreichendes Ziel sein. Wieder auf dem Trekking-Highway „Um den Manaslu“ kommen uns einige Gruppen und Individual-Trekker mit Guide entgegen. Bilang sind Japaner und Koreaner, in Truppenstärken von mehr als 30 Mann, diesem Gebiet fern geblieben.

Bei der Ankunft in Dovan sind wir überraschenderweise die einzigen Gäste. Ich wusste nicht, dass in der Schale gekochte oder anderweitig zubereitete Bohnen so lecker sind. Schmackhaft und verführerisch wie Erdnüsse. Auf den angebotenen Marihuana Joint kann ich verzichten. Zur späten Stunde treffen lediglich zwei Engländerinnen ein, die heute in Lokpa aufgebrochen sind.

 

Vollmond, gewaltig wölbt sich der Sternenhimmel über dem Tal. Gute Nacht in einer sehr zu empfehlenden Unterkunft.

 

16. Tag - 29.10.2012

 

Bevor uns die lang ersehnte Dusche in Tatopani gegönnt ist, stecken wir abermals im Mulistau. Heute sind es nur 50 Tiere. Aber jedes muss an gleicher Stelle Pinkelpause einlegen. Trotzdem erreichen wir nachmittags Lapubesi. In der vor einem Jahr eröffneten Lodge kehren wir ein und verbringen mit weiteren Touristen einen geselligen Abend.

 

17. Tag - 30.10.2012

 

Die letzte Etappe. In Soti Khola (Thami) ist Mittagspause. Eine Gruppe von 16 Franzosen trifft ein. Tische und Stühle werden gerückt. Eine Unterhaltung ist mit denen nicht möglich, da man ja eine „Weltsprache“ beherrscht und keinerlei Englisch versteht. Statt dessen ein gemeinsames Foto Shooting der zum Haus gehörenden Kinder. Na ja, nein danke, das muss doch nicht sein!

 

Wunder gibt es immer wieder. Die noch vor 2 Wochen eingemotteten Jeeps verkehren nach Arughat. Zur Abfahrt um 12 Uhr sind wir zu spät. Also machen wir uns auf den Weg. Ein leerer Jeep kommt entgegen. Mit dem Fahrer arrangiert Pasang zwei Plätze auf der Rückfahrt, die in einer halben Stunde stattfinden soll. Wir warten. Als nach einer Stunde immer noch kein Fahrzeug auftaucht, begeben wir uns auf den weiteren Weg. Irgendwo, irgendwann nähert sich ein völlig überladener Jeep. Kein Platz frei! Dies war zu erwarten. Damit sich eine Fahrt für die Besitzer der Jeeps rentiert, startet man vom Ausgangspunkt erst, wenn alle Plätze belegt sind. Zwangsläufig müssen wir zu Fuß nach Arkhet Bazar laufen.

 

Dort eingetroffen, lautet die Antwort auf die Frage, wann der nächste Bus nach Arughat fährt: In einer Stunde. Bei mir schrillen sämtliche Alarmglocken. Diese Antwort heißt übersetzt: Ich weiß es nicht! So bleibt uns nichts anderes übrig, auch noch die letzte Etappe nach Arughat in Angriff zu nehmen: So weit die Füße tragen. Etwas Schadenfreunde kommt auf, als wir den überladenen Jeep wegen irgendwelcher Pannen zweimal zu Fuß überholen können. Wie auch immer, wir sind froh in Arughat abermals im Hotel Sathar Inn Unterkunft zu finden.

 

Welch eine Überraschung, als wir die beiden Engländerinnen abermals treffen. Beide wollen morgen mit dem lokalen Bus nach Kathmandu fahren. Na ja, viel Spaß. Wir werden, wie auf der Hinfahrt, einen Jeep bevorzugen. Prasanta hat das Fahrzeug geordert, Abfahrt morgen gegen 10:30 Uhr.

 

18. Tag - 31.10.2012

 

Eigentlich wollte ich frisch rasiert nach Hause (Sitapaila) kommen. Da der Barbier von mir, als Tourist, den fast 3-fachen Preis für die Rasur verlangt, sage ich tschüss und werde meine Stoppeln erst in Kathmandu entfernen lassen. Eine Stunde später als geplant starten wir und kommen zügig voran. Der Fahrer beherrscht sein Fahrzeug wesentlich besser, als der auf dem Hinweg. Wir könnten schon  am Nachmittag in Kathmandu eintreffen. Aber, aber, da ist wieder der große Stau auf der Strecke ins Kathmandutal hinauf und erreichen daher Sitapaila erst am Abend.

 

Drei Tage später sind Eva und Dieter mit der gesamten Mannschaft zurück. Auf die erfolgreiche Tour wird im Bamboo Garden gemeinsam gefeiert.

 

Abschließend meine Empfehlung:

Der Besuch des Tsum Valley lässt sich ideal in die Tour um den Manaslu einbinden. Für diesen Abstecher benötigt man zusätzlich etwa eine Woche Zeit.